Kuwait

»15.12.2008 Al Ahmadi 29°02'29''N, 048°09'33E 1200 UTC +3«

Am Abend bevor wir Kuwait erreichten war es wieder nahezu Windstill. Ich beobachtete eine Gruppe Delphine, die uns auf der Steuerbordseite behäbig entgegen kamen und unseren Kurs in unserem Kielwasser kreuzten. Es war überhaupt erst das zweite Mal, dass ich Tiere im Wasser sah, was auf mich eine beunruhigende und bedrückende Stimmung auslöste. In der Ferne konnte ich die lodernden Flammen der Ölplattformen vor der Küste Saudi Arabiens und Kuwaits ausmachen. Wenn das Blut der Erde schwarz ist, dann ist hier ihr Herz. Das Radar zeigte die Küste schon an und in der Dämmerung konnte man am Horizont bereits die Lichter der Küste erkennen. Wir überholten ein amerikanisches Kriegsschiff, welches mit nur 7 Knoten denselben Kurs hatte wie wir. Der WO erklärte mir, daß sich vermutlich um einen Truppentransporter handelte, da die Schiffsaufbauten ungefähr 2/3 des gesamten Schiffes ausmachten, welches mit ca. 200 Metern so groß war wie unseres. Der GPS Transponder auf der Brücke kennzeichnete es als Frachter mit dem Status "waiting for orders". Security by obscurity…

Bei der Einfahrt in den Hafen Kuwaits war es bereits Dunkel und wir passierten eine endlose Schlange Tanker, die hier vor Anker lagen. Sie bilden die Aorta von der aus der gesamte Planet mit dem schwarzen Gold versorgt wird. Das Lichtermeer am Horizont kam näher und es stellte sich als eine an Gigantismus nicht mehr zu überbietende Industrieanlage heraus, die sich offensichtlich auf Erdöl spezialisiert hat. Ich kenne Raffinerien von zu Hause, ich wohne nicht weit von Ingolstadt und deren dort ansässigen Raffinerien, aber das hier stellte alles in den Schatten. Dieser Komplex erstreckte sich viele Kilometer an der Küste entlang, unzählige Flammen loderten aus den Entgasungsanlagen und schon alleine der Energieaufwand so eine Anlage zu betreiben muss beachtlich sein. Wir mussten nicht auf die Einfahrt warten, der Lotse kam an Bord und wenig später schon wurden wir von zwei Schleppern, die röhrten wie aufgemotzte Traktoren, zu unserer Anlegestelle bugsiert.

Am nächsten Tag wurde ich dann informiert, dass ein Landgang nicht möglich sei, da ich kein Visum erhalten. Kuwait Stadt sei auch ca. 40 Kilometer entfernt und wir bleiben nicht so lange um die ganzen Formalitäten zu erledigen. Die Behörden hier sind nicht auf solche Touristen eingestellt und so beobachtete ich tagsüber das Treiben im Hafen. Das war spannender als zuerst angenommen. Die USA haben hier eine Bunkerstation und es wimmelte überall von Militär. Am Nachmittag dann rollten Panzer auf den großen Platz hinter unserem Kai und auf dem Wasser hielten sich unserer Anlegezone zwei Schnellboote der US Navi und der Küstenwache auf und inspizierten die Kaimauern. Irgend etwas scheint da im Gange zu sein. In der Hafeneinfahrt tauchte dann ein Marine Versorgungsschiff auf und machte neben uns fest. Die beiden Schnellboote sicherten das Schiff von See her und die drei Panzer von der Landseite. Durch das Fernglas konnte ich aber sowohl auf den Schnellbooten wie auch auf den Panzern eine durchaus entspannte Besatzung ausmachen. Alles Routine; nach dem Anschlag auf die USS Cole 2000 in Aden wurden die Prozeduren zur Sicherung seegestützter Streitkräfte überarbeitet. Wenn man bedenkt, dass sich die USA zurzeit dieser Reise immer noch im Irak befand und die Grenze zum Irak gerade mal 100 Kilometer und zum Iran 110 Kilometer entfernt ist, sind diese Vorsichtsmaßnahmen vermutlich auch berechtigt. Ein Seemann sagte mir, dass die amerikanische Marine auch Geleitschutz für Tanker gibt und diese bis zur Straße von Hormus eskortiert. Das konnte ich jetzt so nicht beobachten, auch ist mir der Sinn nicht ganz einleuchtend. Letztlich kommt nach der Straße von Hormus erst der gefährliche Teil der Reise, wenn der Tanker in den Golf von Aden einläuft, was kurz vor meiner Reise ja auch eindrucksvoll unter Beweis gestellt wurde. Aber möglicherweise waren das auch alte Geschichten. Was ich zu diesem Zeitpunkt aber nicht wusste war, dass sich US Präsident Georg W. Bush im Irak aufgehalten hat und medienwirksam einen Schuh an den Kopf gedonnert bekam. «Dies ist dein Abschiedskuss, du Hund» soll der Mann gerufen haben. Hehe, der am besten bewachte Mann der Erde; erst lässt er sich die Uhr in Albanien klauen und dann kriegt er auch noch einen Schuh an den Kopf…

Die Entladung dauerte den ganzen Tag lang und ich konnte eine gewisse Verzweiflung auf dem Gesicht des Kapitäns erkennen. Nach einem Kranunfall auf dem Schwesterschiff Rickmers Jakarta mußten die Kräne vor jedem Heavylift einer Sichtkontrolle unterzogen werden und hier in Kuwait hatten wir jede Menge Heavylifts. Unsere Ladung bestand aus mehreren Gasturbinen und einen Generator, welcher alleine schon 300 Tonnen wog. Zwei Stunden dauert so eine Inspektion und so zog sich das Entladen in die Länge. Wenn ich Landgang gehabt hätte, wäre ich darüber nicht undankbar gewesen aber so hatte es auch für mich etwas Störendes. Da wir kein Internet hatten, nicht einkaufen konnten und uns auch sonst nicht die Zeit anderweitig vertreiben konnten, hatte auch ich ein reges Interesse daran Kuwait so schnell wie möglich wieder zu verlassen. Ich hoffte auf einen vergnüglicheren Tag in Dubai und darauf, dass ich mich wieder mit Vorräten an Kaugummis, Gebäck und sonstiges eindecken konnte. Nach Dubai lag ein langer Weg nach Singapur vor uns, dem ich bei derzeitiger Versorgungslage etwas skeptisch gegenüber stand. Wir verließen Kuwait dann noch am Abend des Selben Tages, nach Dubai ist es dann auch nicht mehr weit. Wir hatten an diesem Tag den Supercargo an Bord, Fred ein Deutscher und er hatte eine deutsche Zeitung dabei. Die wurde ihm förmlich aus der Hand gerissen. Fred war es auch, der mir erzählte, dass in Dubai mindestens 24 Stunden Aufenthalt eingeplant sind und ein Landgang nicht problematisch sein sollte. Auf den Weg nach Dubai ist es erdrückend heiß geworden. Es ist schon erstaunlich wie schnell sich die klimatischen Bedingungen ändern, wenn man mit einem Schiff um die Welt fährt.

Fortsetzung…

~~DISCUSSION:off~~

activities/worldtour08-09/kuwait.txt (7004 views) · Zuletzt geändert: 2011/05/10 14:40 von wikisysop
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