Mein liebes Tagebuch...

(04/09) Nachdem ich nun anstatt eines Reisetagebuchs einen Fotoblog geführt habe, der Euch über den Verlauf der Reise auf dem Laufenden hielt, stehe ich nun vor der Entscheidung wie ich das Erlebte schriftlich festhalten soll. Einerseits möchte ich natürlich auch all jenen einen Erfahrungsbericht zukommen lassen, wie sich so eine Frachtschiffreise anfühlt, andererseits ist eine rückwirkende Betrachtung der Ereignisse nur schlecht in chronologischer Form realisierbar. Dafür liegt zu viel zwischen den einzelnen Etappen. Viele Situationen erscheinen unter den später hinzugekommen Eindrücken völlig anders als es unmittelbar während oder nach dem Durchleben den Anschein hatte. Aus diesem Grund bin ich aber auch dankbar, kein Online Tagebuch geführt zu haben. Eine frische Erinnerung hat etwas intimes, die emotionale Subjektivität würde einer objektiven Berichterstattung nur im Wege stehen und diese war eigentlich mein Ziel für diesen Reisebericht gewesen. Eigentlich…

Natürlich habe ich ein Tagebuch geführt aber das hat wenig mit einem "Mein liebes Tagebuch…" gemeinsam. Vielmehr setzt es sich selbstverständlich aus den vielen Bildern zusammen aber auch unzählige Artefakte, wie zB Eintrittskarten, Stadtpläne mit Notizen, Prospekten, Visitenkarten, T-Shirts, CDs, Landkarten, mein Notizbuch und last but not least meine Erinnerung tragen dazu bei, den Bildern Leben einzuhauchen, den Menschen Namen zu geben und meinen Gefühlen den richtigen Orten zuzuordnen. Allerdings sind dies alles keine Garanten für eine objektive Berichterstattung, sie qualifizieren mich nicht mal eine solche abzugeben. Das Gegenteil ist der Fall, eine objektive Berichterstattung erscheint mir nicht möglich. Es wird immer mein subjektiver Eindruck sein, der die Erlebnisse zu Papier bringt. Einer meiner Lehrlinge hat mal sinngemäß gesagt, dass man sich Dinge leichter merken kann, wenn man sie aufschreibt "Durch die Hand in den Kopf…". Weise Einsichten - wenn sie von einem 17-jährigen stammen - diese Tatsache war mir aber nicht unbekannt. Jetzt aber erfahre ich, dass es sich andersherum genauso verhält "Vom Kopf durch die Hand aufs Papier…", was nichts anderes ausdrücken möchte, als das die Dinge die ich beschreibe, ich auch immer mit meinen eigenen Augen gesehen habe, mit meinen eigenen Ohren gehört habe, mit meinen Sinnen erfahren habe. Andere mögen deshalb nicht unbedingt immer meiner Meinung sein. Manche Dinge erscheinen von einem anderen Standpunkt aus betrachtet einfach ganz anders.

Der langen Rede kurzer Sinn, ich habe mich dazu entschlossen auf eine chronologische Reihenfolge der Abläufe dieser Reise zu verzichten, um stattdessen einzelne Kapitel bzw. Kurzgeschichten zu schreiben, welche sich mit ganz speziellen Situationen, Ereignissen oder Wissenswertem beschäftigen. Dadurch erhoffe ich mir, dem Leser bei der Auswahl der für ihn interessanten Themen zu helfen aber auch den Leuten die sich nicht durch meine ellenlangen Texte quälen möchten, eine Möglichkeit zu bieten sich der Sache ungezwungen zu nähern und nach Herzenslust durch die Geschichten zu springen, ohne dabei den Faden zu verlieren oder plötzlich mit Situationen konfrontiert zu werden, die ohne Vorkenntnisse aus dem Zusammenhang gerissen sind und schwer oder gar nicht verstanden werden können. Dem einem sein Vorteil ist dem anderen sein Nachteil. Dieses Konzept beinhaltet unter Umständen redundant vorhandene Informationen und bläht die Sache im Gesamten auf. Mein Bestreben ist es natürlich einen gesunden Mittelweg zu finden. Möglicherweise ändert sich der Schreibstil der Kurzgeschichten hin und wieder, je nachdem um was es inhaltlich geht. Trockene, wissenschaftliche oder technische Grundlagen über zB den Schiffsbetrieb lassen sich unter Umständen nicht in gleicher Form darstellen, wie emotional Erlebtes. Des Weiteren kommt noch dazu, dass ich nicht die ganze Reise auf dem Schiff verbracht habe, was ein Problem mit dem Titel bzw. dem ursprünglichen Thema aufwirft. "Frachtschiffreisen" oder "Auf Magellans Spuren" oder was auch immer mit der reinen Seefahrt zu tun haben mag, läuft nicht. Dafür fehlen dann einfach mal 10.000 km Schiff und sind auf der anderen Seite zu viele Eindrücke zu verarbeiten, welche sich fern vom Schiff abgespielt haben. Evtl. eignet sich Marco Polo besser als Namenspatron, den hat es auch immer wieder an Land gespült. Seine Reisen spielten sich sowohl auf dem Seeweg, wie auch auf dem Landweg ab. Aber irgendwie ist es meine Reise … nicht mehr und nicht weniger. Also stelle ich den Titel erst mal hinten an und lasse mich noch einmal im Gedanken um die Welt treiben und hoffe ein paar spannende Kurzgeschichten abzuliefern und darauf, dass für Jeden etwas dabei ist…

Zur ersten Welle...

~~DISCUSSION:off~~